Fürs Leben zu lang

Huppertz, Nikola, 2023
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Medienart Buch
ISBN 978-3-86429-570-6
Verfasser Huppertz, Nikola Wikipedia
Systematik B2 - Belletristik ab 13 J.
Verlag Tulipan Verlag
Ort München
Jahr 2023
Umfang 194 Seiten
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Nikola Huppertz
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Stahl;
Leben und Sterben aus jugendlicher Sicht. (ab 12) (JE)
Die dreizehnjährige Ich-Erzählerin Magali fühlt sich viel zu groß. Wie fast alle Mädchen in diesem Alter möchte auch sie gern von einem Jungen geküsst werden, insbesondere von Joël, der von allen weiblichen Wesen in der Klasse umschwärmt wird. Magali beginnt, ihre Gedanken und Wünsche in ein Tagebuch zu schreiben. Sie berichtet darin auch über die Bewohner*innen des Mehrparteienhauses, in dem sie wohnt. Durch das Schreiben entsteht Klarheit und Ordnung. Auch das vorliegende Buch arbeitet mit einem Ordnungssystem und teilt es in drei Hauptkapitel ein: "Das ganze Haus lebt und Herr Krekeler will sterben", "Herr Krekeler stirbt" und "Wir leben weiter". Von beidseitigem Vertrauen erfahren wir, als ein Freund Magali darum bittet, die Abschiedsrede für Herrn Krekeler zu verfassen.
Auf unpathetische Weise konfrontiert uns die Autorin mit den Themen Leben und Sterben, erzählt sie aus jugendlicher Perspektive: »Nun habe ich [] drei Stunden wach gelegen, bis mir wieder eingefallen ist, dass Herr Krekeler sterben wird.« Magalis Befindlichkeiten treten für einen Moment in den Hintergrund und sie ergänzt: »Tod = Nichtsein in alle Ewigkeit«. Empfohlen!

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Quelle: STUBE (http://www.stube.at/);
Religiöses Buch des Monats Oktober 2023
Schneller, höher, weiter das bekannte Motto der olympischen Spiele könnte durchaus um größer ergänzt werden, wenn es um die Selbstwahrnehmung von Kindern geht: Ob bei der Kinderärztin penibel abgemessen oder daheim in die Kastentüre eingekratzt, jeder Zentimeter Körpergröße mehr ist toll und sozusagen ein Schritt näher hin zum ersehnten Groß sein. Doch wenn man sich wie die dreizehnjährige Ich-Erzählerin Magali viel zu groß fühlt, ist das weniger angenehm. Und wenn die Zielgröße sogar zwischen 1,89 und 1,92 geschätzt wird, ist das noch weniger ein gutes Gefühl. Zumal sie überzeugt davon ist, dass niemand ein so großes Mädchen küssen wird wollen vor allem Joël Hummel nicht, von dem sie wiederum gerne geküsst werden würde. Ihre schwärmerischen Beobachtungen des gleichaltrigen Burschen (der noch dazu französisch spricht!) motivieren sie, etwas aufzuschreiben:
"Und zum ersten Mal erschien es mir nicht mehr unsinnig, etwas in dieses überteuerte Notizbuch mit Goldschnitt und Lesebändchen zu schreiben, das ich (ohne dass ich es mir gewünscht hätte) zu meinem dreizehnten Geburtstag bekommen hab. Ich gehe davon aus, dass Mama und Papa es mir als Tagebuch andrehen wollten."
Magali interessiert sich also nicht fürs Tagebuch schreiben denn anders als ihre große Schwester Malve beschäftigt sie sich nicht den ganzen Tag mit sich selbst (vom Hadern mit ihren gefühlt zu langen Beinen abgesehen). Diese Themen rücken deutlich in den Hintergrund, als einer der Nachbar*innenn, der 98-jährige Herr Krekeler, seiner Familie verkündet, dass sein Tod unmittelbar bevorsteht. Die Familie reist notgedrungen an, inklusive Enkel Kieran ("1,53 maximal und überaus wuselig"), der behauptet, Magali von einem gemeinsamen Abenteuer in der frühen Kindheit zu kennen. Kieran taucht immer öfter auf, interessiert sich für Magali und konfrontiert sie mit interessant-skurrilen Fakten wie die historische Figur des Wakanohana Kanji I., Begründer einer berühmten Ringer-Dynastie Magali prüft all diese Fakten und baut sie auf kleinen Info-Kästchen in ihr Nicht-Tagebuch ein. Die Einträge des Notizbuches sind wie in einem Tagebuch datiert (sie reichen vom 29.3. bis zum 11.4.), zusätzlich strukturiert wird das Buch aber durch drei Teile mit Überschriften, die ein zentrales Grundthema des Textes auf den Punkt bringen:
"Das ganze Haus lebt und Herr Krekeler will sterben
Herr Krekeler stirbt
Wir leben weiter"
Denn das Sterben eines Menschen, den man von klein auf kennt, so aus der Nähe mitzuerleben, ist natürlich für Magali eine prägende Erfahrung. Unaufgeregt und dennoch sehr eindringlich beschreibt sie, was geschieht und welche Fragen sich daraus für sie ergeben. Darunter ist auch ihre Begegnung mit dem toten Körper von Herrn Krekeler (ein Moment, der in der Kinder- und Jugendliteratur bei aller scheinbaren Tabulosigkeit meist ausgespart wird). Eine Begegnung, die auch erschüttert: "Wenn einer tot ist und man hat die Leiche gesehen, geht alles, was sonst peinlich ist."
All die Themen rund um Leben und Sterben und was der Tod für unser Leben bedeutet, werden in sehr poetischer Form verdichtet, als Kieran ausgerechnet Magali bittet, bei der Verabschiedung eine Ansprache zu halten, und sie dafür eine höchst kreative Form findet.
Religion und Transzendenz kommen dabei nicht in einem expliziten Sinn zur Sprache, die Ernsthaftigkeit und Intensität, in der die Autorin Nikola Huppertz die Auseinandersetzung ihrer Hauptfigur mit all diesen existenziellen Themen nachzeichnet und dennoch nie überfrachtet, ist dennoch spirituell in einem weiteren Sinne. Und dass die erzählte Zeit rund um Ostern arrangiert ist, ist wohl auch kein Zufall: Auch wenn die Auferstehung nicht zur Sprache kommt, wird nichts weniger als die Frage nach dem gelungenen Leben verhandelt, die Magali und Kieran sogar per Mail an einen (real existierenden) Philosophen richten:
"Wir kennen jemanden, der uns zeigt, wie Sterben geht. Es ist nicht so schlimm, wie man denkt. Es wird alles weniger, jeden Tag ein bisschen. Bis zuletzt nichts mehr übrig bleibt. Wir kennen aber niemanden, der uns zeigt, wie Leben geht."
Als dann schließlich Herr Krekeler eingeäschert und ein Großteil seiner Besitztümer verteilt sind, sind in Magalis Notizbuch nur noch fünf Seiten frei und es wird Zeit, sich wieder anderen Lebensthemen zuzuwenden. Zum Beispiel der Frage nach dem ersten Kuss und ob es wirklich so wichtig ist, welche Körpergröße die beiden Menschen haben, die ihn austauschen. Spoiler: Nein. Spoiler 2: Auch Joël Hummel spielt bei diesem wichtigen Ereignis keine wichtige Rolle mehr.
*STUBE Kathrin Wexberg*
Seitenweise 2023
Die 13-jährige Magali Weill hat mehrere Probleme: Nervende Eltern, ein küssenswerter Junge, der sie ignoriert oder der Umstand, dass sie für ihr Alter viel zu groß ist und immer noch weiter wächst. Anstatt ihr Elend zu beweinen, schreibt sie ein "Tagebuch von allen anderen". Dass Herr Krekeler, der alte Nachbar, ankündigt, demnächst zu sterben, wirft für Magali plötzlich existenzielle Fragen auf. Gemeinsam mit Krekelers Enkel Kieran will sie herausfinden, wie ein gelungenes Leben eigentlich geht. Mit Sprachwitz und Gespür für kindliches Erleben lässt Nikola Huppertz ihre Protagonistin nicht nur über Größenprobleme und Gefühlschaos berichten, sondern auch ernsthaft über Sterben und Tod reflektieren.
*STUBE*
Magali Weill hat mehrere Probleme. Erstens nerven ihre Eltern und ihre egoistische Schwester, zweitens ist die Dreizehnjährige viel zu groß, drittens ist da ein gemeingefährliches Bauloch direkt vor der Haustüre, viertens nimmt Joël Hummel sie nicht einmal wahr (wie soll es dann erst zum Kuss kommen?) und fünftens will Herr Krekeler, der uralte Nachbar im Mehrfamilienhaus, sterben. Zu allem Übel kommt auch noch der anhängliche Kieran Krekeler zu seinem des Lebens überdrüssigen Großvaters. Magali sucht Zuflucht in Spaziergängen mit dem Husky Snow, der der siebenköpfigen Familie vom unteren Stock gehört, findet sich aber zwischen Kierans abenteuerlichen Plänen und einem philosophischen Problem wieder: durch Herrn Krekeler lernen sie und Kieran zwar, wie sterben geht (und adf dass alles nicht so schlimm ist). Aber wie leben geht, das wissen sie nicht.
Als schließlich auch noch Kierans Patchworkfamilienvater kommt, um gemeinsam mit Herrn Krekeler seinen umfangreichen zu inventarisieren und für die testamentarische Verfügung vorzubereiten, heißt es, nicht die Nerven zu schmeißen.
In Tagebuchform geschrieben ist Nikola Huppertz Protagonistin eine gekonnte Erzählerin. Eine humorige Sprache mit erfrischenden Doppeladressierungen macht Fürs Leben zu lang zu einem Crossover-Roman, der auch vor den großen Themen nicht Halt macht: Herr Krekeler ist mit seinen fast hundert Jahren bereit, zu sterben und so wird die Vorbereitung auf den Tod ein fixer aber nicht erschreckender Bestandteil des Romans. Wie kann mit dem Ende eines erfüllten Lebens umgegangen werden? Magali und Kieran müssen es ebenso herausfinden, wie Kierans Vater oder Magalis Eltern, denn für niemanden ist das Thema selbstverständlich. So wird der Roman trotz aller Leichtigkeit der Sprache und der erzählten Nebenstränge zu einer ernsthaften Reflexion des Sterbens eines alten Menschen und des Umgangs damit. Dass am Schluss trotzdem ein positives Gefühl zurückbleibt, ist einer Erzählung zu verdanken, die die richtigen Töne zur richtigen Zeit anschlägt.
*STUBE Iris Gassenbauer*
Exemplare
Ex.nr. Standort
18417 B2, Hup

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