Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt

Orlovský, Sarah Michaela, 2021
Antolin Klasse: 6 Zum Antolin Quiz
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Medienart Buch
ISBN 978-3-7022-3918-3
Verfasser Orlovský, Sarah Michaela Wikipedia
Systematik B3 - Belletristik ab 10 J.
Verlag Tyrolia-Verlag
Ort Innsbruck-Wien
Jahr 2021
Umfang 58 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Sarah Michaela Orlovský
Illustrationsang Ill.
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Daniela A. Frickel;
Klopf-Klopf, so beginnt das Zwiegespräch einer kleinen Schwester mit ihrer großen Schwester vor deren Tür, die verschlossen ist. Ein Zwiegespräch, das sich chronologisch und achronisch zugleich in sechsunddreißig Kapiteln fortentwickelt, ein Zwiegespräch, das ohne Wiederhall bleibt und in einem inneren Monolog aufgeht. Dieser verfolgt Fragen wie Warum bist Du nicht mehr für mich da wie früher?, Warum ist dir kalt?, Warum findest Du Dich nicht schön?, Warum isst Du nichts mehr?, Warum ist jetzt alles anders?
Auf diese Fragen antworten Erinnerungen an gemeinsam Erlebtes, Erinnerungen, mit denen die kleine Schwester die große ins Leben zurückholen möchte. Erinnerungen an Dinge, die Barbara Spaß machten, wie das Klettern, Eislacken zerspringen. Erinnerungen an Dinge, für die es sich zu leben lohnt: Schokostreuselmilchschau/ Katzenvideolachanfälle/ Eiswasserprickelhaut/ Kirschcremeküchlein/ Flauschhundebauchfell/ Einkaufswagerlslalom.
Dabei sind auch Ereignisse Teil der Erinnerungen, die schließlich als Ursache für Barbaras Magersucht aufgedeckt werden. In diesem Falle eine Ansteckung durch die Freundin Anne, die neue Maßstäbe im Leben ihrer Schwester setzte und mit der Barbara zeitweilig symbiotisch verschmolzen war, wofür die Anspielung auf das Lied Barbara-Ann von den Beach Boys steht, das sie gemeinsam sangen. Dem gegenüber dokumentiert das Textmosaik pointiert die Hilflosigkeit und Ohnmacht der übrigen Familie Du hast die Tür zugesperrt und dich selbst irgendwie auch.
Das Thema ist nicht neu, auch nicht, dass es aus der Perspektive einer kleinen Schwester entfaltet wird. Man fühlt sich an den Roman Und auch so bitterkalt (2014) von Lara Schützsack erinnert, der allerdings andere Ursachen für die Magersucht zu lesen aufgibt. Was aber neu und brillant an diesem Text ist, ist seine ästhetische Form, die alle Gattungsnormen unterwandert bzw. zusammenführt: ein Dialog, der ein Monolog bleibt, trotz der überwiegend prosaischen Sprache in Versform aufgeht und Gedichte hervorbringt, die zusammen das Mosaik einer Jugendlichen bilden, die ihrer kleine Schwester immer mehr entglitten ist. Du warst schon lange weg./ Auch wenn du da warst. Dabei begleitet die kleine Schwester, die das lyrische Ich dieses hybriden Textes bildet, latent die Frage nach ihrer eigenen Schuld, die in Und auch so bitterkalt kaum eine Rolle zu spielen scheint. Aber auch die Frage nach der eigenen Bedeutung für die Schwester und die Sehnsucht danach, vergeben zu können.
Die Sprache der Texte ist einfach, aber rhetorisch geformt. Die imaginären Evokationen (Jürgen Link), die jene Mosaike entstehen lassen, sind häufig durch Parallelismen gebildet, die überraschende Wendungen im thematischen Fokus herbeiführen. Anaphern, Wiederholungen, Alliterationen, polysyndetische Reihungen und Onomatopoesie (Es knirscht und knackt und spritzt.), aber auch Neologismen (Kampfschminke) sowie der Zeilenbruch bilden die Klaviatur dieses Stücks, das hinter aller Prosa und Dramatik eine Melodie mitführt, die die kleine Schwester auf dem letzten gemeinsamen Weg mit ihrer Schwester begleitet: dem Weg zum Friedhof. Ein Nachruf im wörtlichen Sinne und ein poetisches Juwel, über das man eigentlich nicht schreiben kann, weil man es lesen und erleben muss.

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Stahl;
Thema Magersucht - erzählt aus der Sicht der kleinen Schwester. (ab 10) (JE)
In "Friss oder stirb" erzählt Barbara Rieger von der Magersucht einer Teenagerin. Sarah Michaela Orlovský fokussiert in "Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt" die Sicht eines Geschwisterkindes, das in die Krankheit der Schwester involviert ist. Mit den Worten "Weißt du noch" spricht es die Schwester direkt an und erinnert sich an gemeinsam verbrachte Kindheitsjahre, gibt Anekdoten preis, rückt das Erzählte zusehends in die Gegenwart, die zur (inneren) Bedrohung gerinnt. Veränderungen der älteren Schwester, die sich räumlich und psychisch "verschließt", verfärben die Seele der Jüngeren, die als Bindeglied zwischen den Eltern und der großen Schwester fungiert und eine Schlüsselrolle einnimmt. Die unbeschwerte Kindheit endet, Erwachsenwerden offenbart sich in kratziger Schale, einer geschlossenen Kastanie gleich. Früher reichte den Geschwistern eine halbe Banane, um den Hunger zu stillen.
Das Miniaturformat Familie spiegelt den Zustand der Welt, die (nicht erst seit der Pandemie) aus den Fugen geraten ist. Dramaturgisch endet das Buch am Schauplatz Friedhof und eröffnet Mehrfachdeutungen: die "Krankheit zu Grabe tragen" wäre möglich, schließt Ende und Neubeginn ein.
Das neue Buch der 1984 geborenen Autorin Sarah Michaela Orlovský besticht durch einen sprachsensiblen Umgang mit einem zeitgenössischen Thema. Jugendlichen empfohlen!
Exemplare
Ex.nr. Standort
17835 B3, Orl

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